Aufruf an polnische und deutsche Nichtregierungsorganisationen

Wir kämpfen für eine Vereinfachung des EU-Fördersystems für die Grenzregionen und wir möchten, dass die Förderprogramme benutzerfreundlicher werden für Nichtregierungsorganisationen. Deshalb haben wir einen Forderungskatalog formuliert. Er wird an die Europäische Kommission, an die Regierungen von Deutschland und Polen, sowie an die Wojewodschaften und Bundesländer der deutsch-polnischen Grenzregion geschickt. Wir möchten, dass unsere Forderungen und unsere Stimme gehört wird.
Wenn Sie sich mit den Forderungen identifizieren, wenn Sie möchten, dass der Weg zu einer EU-Förderung einfacher wird, dass die Abrechnung Ihrer Projekte schneller und leichter funktioniert, dann unterstützen Sie uns.
Wir brauchen Ihre Hilfe. Je mehr Nichtregierungsorganisationen ihre Unterstützung des Forderungskataloges erklären, desto stärker wird unsere Position, und umso größer auch unsere Chance, dass das Förderprogramm unseren Bedürfnissen und Möglichkeiten angepasst wird. Die Unterstützungserklärung schicken Sie bitte an folgende Adressen :
Michael Kurzwelly, Güldendorferstraße 13, 15230 Frankfurt (Oder) oder:
arttrans@arttrans.de oder: przemyslawkonopka@wp.pl

Vertreter deutscher und polnischer Nichtregierungsorganisationen der Grenzregion,
die sich vom 24.02.2012 – 26.02.2012 auf einer Konferenz in Słubice versammelten,
haben Folgendes beschlossen:
- In Anerkennung der Bemühungen des Europäischen Parlaments und der Europäischen
Kommission für die europäische Integration und für die Förderung der Regionen
in Europa,
- unter Betonung der herausragenden Rolle des Europäischen Fonds für Regionale
Entwicklung, des Kohäsionsfonds und insbesondere des Programms für Europäische
Territoriale Zusammenarbeit für die Regionen in Europa,
- in Anerkennung der Verdienste der Regierungen Deutschlands und Polens, der
Grenzregionen (Bundesländer und Woiwodschaften) sowie der Euroregionen im
deutsch-polnischen Grenzgebiet, geleitet vom Motto der Europäischen Union "Europa für die Bürger und Bürgerinnen" sowie vom Subsidiaritätsprinzip der Europäischen Union,
- und in der Überzeugung, dass der Aufbau einer Bürgergesellschaft und die europäische
Integration die leitenden Werte der Gemeinschaft sind, formulieren wir folgenden
Standpunkt:
- Als Bürger und Vertreter von Nichtregierungsorganisationen möchten wir Einfluss
auf die Gestalt der EU-Programme nehmen, die für unsere Arbeit und unsere Regionen
in den Jahren 2014-2020 unmittelbare Bedeutung haben.
- Wir stimmen darin überein, dass die europäischen Fördermechanismen für die
Grenzregionen den Einwohnern der Regionen dienen, sehen jedoch einen Bedarf, sie an die sich verändernde Wirklichkeit anzupassen. Besonders beunruhigt uns, dass das gegenwärtige Fördersystem kleinen Nichtregierungsorganisationen den Zugriff erschwert. Da sie nur über begrenzte finanzielle Mittel verfügen, schließen die Mechanismen in manchen Fällen ihre Teilnahme sogar aus.
- die deutsch-polnische Grenzregion als Ganzes ist eine Region, deren Merkmale
sowie spezifische Probleme sie von anderen unterscheidet. Wir erwarten, dass die
deutsch-polnische Grenzregion als eine gemeinsame Region anerkannt wird (insbesondere in der Förderpraxis der Regionen) und die Förderprogramme entsprechend
angepasst werden.

Auf der Grundlage der oben genannten Prinzipien haben die Vertreter der Nichtregierungsorganisationen der deutsch-polnischen Grenzregion folgende ausführliche
Postulate zum Förderprogramm im Rahmen der Europäischen Territorialen Zusammenarbeit von 2014-2020 formuliert:
1. Die Fördersysteme und -programme der Europäischen Union sollen stärker als bisher Nichtregierungsorganisationen den Zugang zu Fördermitteln erleichtern.
2. Wir fordern die Beteiligung von Vertretern der Nichtregierungsorganisationen an der Planung und Vorbereitung von Projekten der territorialen und grenzübergreifenden Zusammenarbeit auf allen Ebenen.
3. Wir verlangen, Nichtregierungsorganisationen als den Gemeinden und Institutionen
gleichberechtigte Träger territorialer und grenzübergreifender Zusammenarbeit
(insbesondere in der Praxis) anzuerkennen.
4. Die Programme territorialer und grenzübergreifender Zusammenarbeit, besonders Interreg, müssen vereinfacht werden – sowohl im Hinblick auf Antragstellung und Projektkontrolle, als auch im Hinblick auf die Mechanismen der Projektabrechnung.
5. Dank der Europäischen Union spielen Staatsgrenzen eine immer geringere Rolle,
jedoch sind neue Grenzen entstanden: zwischen den Euroregionen. Sie erschweren
entschieden die Zusammenarbeit von Nichtregierungsorganisationen in der gesamten Grenzregion und die Bildung von Netzwerken. Wir fordern die Beseitigung dieser Grenzen!
6. In Anbetracht der Tatsache, dass wir in einer gemeinsamen Grenzregion leben und tätig sind, fordern wir die Schaffung eines gemeinsamen operationellen Programmes für die gesamte Grenzregion oder zumindest die Gewährleistung der Kompatibilität der operationellen Programme für die Grenzregion.
7. Die größte Bedeutung bei der Zusammenarbeit in den Grenzregionen haben unserer Meinung nach Begegnungen ihrer Bewohner und deren gemeinsame grenzübergreifende Aktivitäten. Daher fordern wir eine entschiedene Aufstockung der Hilfsmittel für die Organisation von Begegnungen der Bewohner der Grenzregion, insbesondere die Aufstockung des Small Project Funds des Interreg-Programmes.
8. Kultur, Kunst, Bildung (darin enthalten: Unterricht der Nachbarsprache) sowie Tourismus sind Themenbereiche, die sich am besten für Integration und Begegnungen der Grenzlandbewohner eignen. Daher fordern wir die Anerkennung dieser Bereiche als Programmprioritäten der operationellen Programme, insbesondere des Small Project Funds des Interreg-Programmes.
9. Wir beantragen einen pünktlichen Beginn der Förderprogramme in der nächsten Legislaturperiode des Europäischen Parlaments auf allen Ebenen: europäischer, Landes- sowie regionaler Ebene.
10. Wir verlangen die Einführung eindeutiger Regeln zur Förderfähigkeit der Projekte, die Festlegung von Prinzipien zur nationalen Kofinanzierung des Interreg-Programmes sowie die Einhaltung des Prinzips der Dienstbarkeit der Programmbehörden gegenüber lokalen Gemeinschaften und Antragstellern.
11. Die Förderprogramme sollten flexibel und den Bedürfnissen der lokalen
Gemeinschaften und Regionen angepasst sein.
12. Wir fordern eine deutliche Erhöhung der Mittel für soziokulturelle Projekte und Projekte, die den grenzübergreifenden Informationsaustausch sowie die Bildung von Netzwerken fördern.
13. Wir schlagen eine Strukturänderung der Begleitausschüsse und anderer über die Fördervergabe für grenzübergreifende Zusammenarbeit entscheidenden Behörden vor. Insbesondere verlangen wir eine Beteiligung von Vertretern lokaler Gemeinschaften an den Begleitausschüssen.
14. Die Projektkontroll- und abrechnungsbehörden müssen getreu dem Grundsatz "So viel wie nötig, so wenig wie möglich" arbeiten. Daher fordern wir die Vereinheitlichung der Projektkontrollstandards sowie die Abschaffung der vielschichtigen Kontrollstruktur.
15. Wir appellieren an die Institutionen der Europäischen Union, die Fördersysteme
und das Verwaltungssystem der Programme für Zusammenarbeit in der gesamten EU zu vereinheitlichen und damit die Anzahl nationaler und regionaler Entscheidungsebenen sowie die Projektkontrolle und die Abrechnungssysteme zu begrenzen.
16. Grundlegendes Hindernis bei der Nutzung von Förderprogrammen der grenzübergreifenden Zusammenarbeit durch Nichtregierungsorganisationen ist das Prinzip der Vorfinanzierung von Projekten. Als Alternative schlagen wir ein Finanzierungssystem im Rahmen des Small Project Funds vor:
- Nach Bewilligung des Projektes erhalten Begünstigte einen Vorschuss in Höhe von 50% der gesamten Projektkosten, die anderen 50% jedoch nach Projektabrechnung;
oder:
- Abschaffung des Vorfinanzierungssystems. Begünstigte erhalten 100% der bewilligten förderfähigen Mittel und rechnen das gesamte Projekt nach seiner Beendigung ab.
17. Wir fordern die Einführung von Pauschalen für Dienstleistungen und Aktivitäten
im Rahmen der Projekte in Anlehnung an die bisherigen Erfahrungen mit dem Small Project Fund.
18. Wir sind der Meinung, dass die Arbeit der Mitglieder der Nichtregierungsorganisationen
an der Projektumsetzung einen messbaren Wert hat. Wir fordern die Anerkennung der Eigenarbeit zugunsten des Projektes als förderfähige Kosten (z.B. in Form von Pauschalwerten) und die Qualifizierung des Arbeitswertes als Projekteigenanteil.
19. Wir fordern die Einführung eines einheitlichen Projektabrechnungszeitraumes, der auch auf nationaler und regionaler Ebene Gültigkeit hat. Derzeit werden Projekte in der deutsch-polnischen Grenzregionen innerhalb von 9 bis 18 Monaten nach Einreichen des Projektberichtes abgerechnet. Wir fordern die Festsetzung einer achtwöchigen Projektabrechnungsfrist sowie die Einführung des Grundsatzes, dass für den Fall, dass die Kontrollbehörden innerhalb von acht Wochen keine Entscheidung verlauten lassen, das Projekt automatisch als abgerechnet gilt. Nach dieser Frist sollten die Programmverwaltungsbehörden zu einer sofortigen Überweisung der bewilligten Förderkosten verpflichtet sein.
20. Für den Fall der Beibehaltung des Prinzips der Vorfinanzierung oder der teilweisen
Vorfinanzierung der Projekte rufen wir die regionalen Behörden zur Einrichtung regionaler Fonds für die Vergabe zinsloser Darlehen zur Projektfinanzierung an Nichtregierungsorganisationen auf.
21. Wir appellieren an die Euroregionen sowie die Behörden der Grenzregionen in
Deutschland und Polen, die Debatte über die Bildung von EVTZ in der Grenzregion
transparent zu führen und die Bürger und Nichtregierungsorganisationen in die Debatte einzubeziehen.
Ein großer Teil der oben genannten Forderungen steht im Einklang mit den zuvor von
den Vereinen der Gemeinden der polnischen Euroregionen „Pomerania”, „Pro Europa
Viadrina”, „Szprewa-Nysa-Bóbr” und „Nysa” (Dokument vom 6.02.2012) vorgestellten
Vorschlägen sowie mit den Vorschlägen der gemeinsamen Sitzung deutscher
Euroregionsvereine entlang der deutsch-polnischen Grenze (Erklärung vom
11.11.2010). Wir erklären unseren Willen zur Zusammenarbeit mit den Euroregionen,
Bundesländern und Woiwodschaften sowie den Regierungen Deutschlands und Polens
bei den Änderungen des Fördersystems im Rahmen der Europäischen Territorialen
Zusammenarbeit. Wir schlagen den Vorständen der Euroregionen und den für die
Verwaltung der Förderprogramme für die deutsch-polnische Grenzregion verantwortlichen
Behörden ein gemeinsames Treffen vor, auf dem wir versuchen wollen, einen gemeinsamen Standpunkt zur grenzübergreifenden und regionalen Zusammenarbeit
zu vereinbaren.
Wir appellieren an die deutschen und polnischen Abgeordneten des Europäischen
Parlaments, an den Ausschuss der Regionen der Europäischen Union und an die
Regierungen Deutschlands und Polens, unsere Forderungen zu berücksichtigen und
zu unterstützen.
Wir bitten alle Nichtregierungsorganisationen, die in der gemeinsamen deutschpolnischen
Grenzregion aktiv sind, unsere Forderungen zu unterstützen und den Koordinatoren der Konferenz ihr Einverständnis (per Brief oder E-Mail) zu geben .
Für die Richtigkeit: Michael Kurzwelly und Przemysław Konopka
Koordinatoren der Konferenz

Vollständiger Text/ cały tekst:
Veröffentlichung/ data publikacji: 16.03.2012